---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- T R U S T N O W O M A N P L U S : G R A F + Z Y X 07 ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- |
|
Eine Handlungsdirektive in 24 Tanzschritten | |
zu den 24 Tracks auf der aktuellen CD-Kompilation von GRAF+ZYX »TRUST NO WOMAN PLUS«, die im Sommer 2007 vom österreichischen Experimental-Musiklabel »KLANGGALERIE« herausgegeben wurde. Enthalten sind in der Zusammenstellung von Walter Robotka fast alle Titel der seit Jahren vergriffenen, 1981 bei der österreichischen RCA »Musica« in Kooperation mit der Edition Reitz erschienenen legendären LP »TRUST NO WOMAN« plus eine Auswahl aus zum Teil noch unveröffentlichten GRAF+ZYX -Produktionen aus der Zeit vor und nach dieser LP. | |
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- C O M C O M © 0 7 0 7 07 ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- |
|
... und die Welt ist doch eine Scheibe – die Milchstraße sowieso, aber die ist weit weg! | |
[1] (1) Dieser aus Absatzschwierigkeiten geborene, amerkanische Geistesblitz wurde allerdings wegen seiner »Rechen«schwäche – 20 KByte ROM, bei einer Grundausstattung von 5 KByt RAM – synonym und mit boshaftem Seitenhieb auf kommunistische, wirtschaftlich kränkelnde Systeme hinter dem eisernen Vorhang in Österreich liebevoll auch »Volkscomputer« genannt. Zumal er »Nomen est Omen« oft, in Ermangelung verfügbarer Monitore, in trauter Gesellschaft mit einem gewissen Produkt ostdeutscher Provenienz, namens Tesla Pluto angetroffen wurde. Diese beispielhaft, alltägliche Situation des Scheiterns, der heimliche Diskurs mit der Tücke des Objekts, wird im künstlerischen Kontext von GRAF+ZYX auf überraschende wie hintergründige Weise unter dem Titel Chipsdance (2) (03:29) von 1984 im Eröffnungstrack der neuen Kompilation Trust no Woman Plus, musikalisch abgearbeitet. Ihr persönlicher Kampf, Mensch gegen Maschine wird damit eröffnet, die Diskussion beginnt: 70 Pulsschläge gegen 50 Hertz und der VC 20 pfeift vergnügt und musikalisch zum Rhythmus der Drums. |
|
Chipsdance, 1984, Videoperformance. GRAF, Commodore VC 20 und ZYX, via CEL Model 147-20. |
|
Mit dieser musikalisch ungewöhnlichen Lagebeschreibung zur Kunst der 1980-er Jahre startet ein von Labelinhaber Walter Robotka (3) schon lange gehegtes Wunschprojekt, das in einer abwechslungsreich zusammengestellten 74-minütigen Zeitreise ins analoge bis elektronisch-digitale Österreich der beiden Medienkünstler GRAF+ZYX endet. (3) Walter Robotka ist mit seinem Label Klanggalerie nicht nur der Herausgeber ausgefallener experimenteller Musik, sondern pflegt darüber hinaus in seinem Bookshop Mord und Musik in Wien VII, auch seine persönliche Vorliebe zur exzentrischen, auch englischsprachigen Krimi- und Sciencefiction-Literatur.
[2] »... Mit Hilfe dieser wenigen Instrumente hat ZYX dort musikalisch fortgesetzt, wo Roter Rot auf der »wienmusikk«-Platte so eindrucksvoll begonnen hatte: Ein an interessanten Sounds reicher, intelligent strukturierter, abwechselnd kühl-monotoner, dann wieder witzig-funkdurchsetzter Klang zeichnet seine erste Platte aus, die »Trust No Woman« heißt, ein Titel, der selbst eines Elvis Costello würdig wäre. Vor diese Playbacks hat ZYX seine nicht minder bemerkenswerte Stimme, in der Regel stark verfremdet, gemischt: Englische Texte mit skurrilen, lustigen Einfällen,« – und wie Manola weiter durchaus positiv, aber etwas kess formuliert: »freilich aber auch mit arg verblasenem, pseudonihilistischem Nonsens à la mode. Alles in allem freilich für österreichische Verhältnisse ein aufregendes Debüt, trotz einiger Passagen mit Hit-Potential (mein persönlicher Tip: »Sister Green Eye«), keine leichte Kost, ...« Sister Green Eye ist auch meine Lieblingsnummer, ist aber leider auf dieser Selektion nicht zu finden. Dafür aber Hey You [1981(04:30) ZYX], der persönliche Favorit von Walter Robotka. |
|
Videostills aus Hey You V.2.0, Musikvideo, 2005 |
|
(4) Tribute to Flexipop 7[10], Return of Flexipop 4 [10], New Wave Complex 3[12] (5) Das Konzept, die Aufnahmen und die erste Fassung sowie die Musik von Hey You stammen aus den Jahren 1980–1981. Wie bei allen Visualisierungen ist auch hier das gesamte Material und die Produktion von GRAF+ZYX. Fotomaterial 1887–2005, S-8- und Videomaterial 1980–1981, Grafisches Material 1980–2005, Konzept, Kamera, Darsteller, Grafik, Animation, Produktion und ©: GRAF+ZYX 1980–2005. Musik: Komposition, Text, Arrangement, Stimme, Instrumente, Produktion und © GRAF+ZYX 1980–1981. |
|
In der Überarbeitung von 2005 mutierte Hey You konzeptuell vom Musikvideo zur »persönlichen Geschichte durch die Zeit« in Form eines authentischen »Trash-Movies«. HÖREN oder SEHEN? (6) Einzelausstellung in der Galerie Artefakt, 2005 Wien I, Gruppenausstellung Postmediale Kondition. Austria en Arco, in der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz 2005 und 2006 im Centro Cultural Conde Duque - Medialab Center, Madrid sowie in der Einzelausstellung GRAF +ZYX 06 : ITWASN'TUS, in der Galerie von Fluss, NÖ. (7) »In dem speziell für die Veranstaltung der Klanggalerie im Rhiz zusammengestellten Videoprogramm wurden Musikvideos aus Der Schlaefer, die Larve, ...\unddiezeit\ mit Teilen aus der Produktion von 2006, Vasarely und die Turbulenz zu einem halbstündigen, hybriden Mix zwischen Musikvideoclip und Experimentalvideo kombiniert. Geschickt werden aktuelle künstlerische Konstruktionen mit persönlichen Artefakten [z.b. 25 Jahre alten »authentischen Trash-Movies« aus der Vergangenheit der Künstler] verknüpft und in einer Gratwanderung zwischen »kontrolliertem Gefühl« und »hemmungslosem Intellekt« liegt der besondere Reiz dieser Produktion. Ziel ihrer Programme ist ausschließlich die Präsentation einer ästhetisierten, streng individualistischen Momentaufnahme der Künstlerpersonen mit all ihren persönlichen Ausdrucksmöglichkeiten, während die Tendenz zur Verdichtung von Raum, Zeit und Identität im Datenraum bei gleichzeitiger Betonung und massivem Einsatz von Körper, Stimme, aber auch Langsamkeit, Wiederholung und Abstraktion zu geschlossenen Systemen führt, die ihre Existenz dennoch wieder an der Grenze zur freien Konstruktion suchen.« Pressetext © tamara star|R|
[3 und 23] »... Und nur so zum Drüberstreuen und um über die Bedeutungslosigkeit einer europäisch humanistischen Bildung und über Ernst und Tiefe zu spotten, ein Sprung ins nächste Paralleluniversum. Track fünf [»I look out V.2.0«, 1980 (2:16)] – ein dünner Strahl eines pop-visionären Entzückens, eine mit Wah-Wah-Effekt und Schlagzeug instrumentierte, perfekt sinnlich interpretierte, sehnsuchtsvolle Liebeserklärung an die Dimensionen von Erinnerung und Verlust. Da diese kurze Komposition gleich in vier kreativen, musikalischen Kontradiktionen aufgezeichnet ist, zeigt sie erfolgreich die Varianzbreite individueller ästhetischer Gestaltungsmöglichkeiten bei der Realisation künstlerischer Ideen auf...« [Zitat CatCode 070502]
[4] »... Ganz anders die musikalische Lösung in Track neun [Get away Dark Side, 1979 (4:42) Roter Rot]. Ein schwerfälliger, pendelnder Bass-Groove und autosuggestive Sprachformeln diktieren die schwarze, narkotisch anmutende Stimmung dieses Augenblicks und umschreiben so den Druck formloser Schattenwesen auf die Seele. Elegisch, fast in der Tradition indianischer Schamanen wird der Verlauf einer ausweglosen Traumgeschichte abgehandelt...« [Zitat CatCode 070502] Um aber bei ihren kühnen Formulierung nicht selbst den »banalen Schilderungen ernsthafter Gefühle« zu erliegen, wechseln sie blitzschnell die Seiten, ganz locker vom Patienten zum Analytiker. Die Biografie macht's möglich. Dieser Kunstgriff des Rollenspiels, diese Doppelbödigkeit im konzeptionellen Ansatz, dieser Sprung von der inneren Betroffenheit in eine äußere, ästhetisch streng kontrollierte Reserviertheit macht es für den Rezipienten allerdings schwer, sich vorbehaltlos ins Konstrukt fallen zu lassen und so fühlt er sich letzten Endes immer wieder ertappt, psychisch gefangen im Netz einer Spinne. »Basis ist eine physikalistisch surreale Konstellation: Der Monitor als technische Apparatur wird gegen die Vorstellung des Monitors als geschlossenes Weltensystem, als Makrosystem eines magisch belebten Raums, aus dem es für die Bewohner kein Entrinnen gibt, ausgetauscht. Die Grenzen zwischen Innen und Außen sind damit definiert und gesetzt. Einzige Abwechslung für die Bewohner bietet der Blick durch das Glas. Und »outside« lauert Entsetzliches und das Auge einer wachsamen Kamera. Diese zeichnet ihrereseits interessiert die Neugierde, aber auch den Abscheu, die sich auf den Gesichtern spiegeln, auf.
[5] (8) Die Leuchtstoffröhre ist eine Niederdruck-Gasentladungslampe, die innen mit einem fluoreszierenden Leuchtstoff beschichtet ist. Als Gasfüllung dient Quecksilberdampf (Emission von Ultraviolettstrahlung) und zusätzlich meist Argon. Die Ultraviolettstrahlung wird von der Leuchtstoff-Beschichtung in sichtbares Licht umgewandelt (siehe Spektrum weiter unten). Wikipedia (9) Reise in die Südsee ist ein Kapitel aus GRAF+ZYX : MUSEUM OF PRIVATE ARTS Vol. 1U4, 1984. Dieses Film/Video-Musikprogramm in 8 Kapiteln, mit einer Gesamtdauer von 43:28 Minuten, wurde von Peter Pakesch 1984 im Szenelokal U4, Wien, präsentiert. Als Disc-She-Jockey fungierte Susanne Widl. Fest-Kleidung war GRAU. Grita Insam formulierte im Text zur Einladung: »GRAF+ZYX hinterfragen im Kontext Kunst die Ästhetik ihres designten All-Tags. / Erregend und schockierend. / Sie entziehen sich weitgehend den Normen des Kunstbetriebes. / Im Disco-Ambiente unterhalten sie eine Nacht lang das MUSEUM PRIVATER KÜNSTE.«
[6] (10) In Zusammenarbeit mit Manfred Lang/Adi-Mayer-Film und Triumph International.
[7] |
|
Filmstills aus Get away Wisdom, 1981. |
|
|
|
Katalog: Künstlerhaus Wien, Wohnlust. Möbelobjekte: Die Liebe des Mathematikers, Sitzbank. Trakische Katze, Kasten. Raumschiff, Videoobjekt. Die elektronische Büroklammer, Illustration für Diners Club Magazin. T for 2, Videoobjekt. © G+Z |
|
[8] |
|
|
|
Sommerlochpause - Fortsetzung folgt. | |
Vom Dschungel der Gefühle in die großen Metropolen der Macht. | |
[9] |
|
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- |
|
01 03:29 Chips Dance 1984 GRAF+ZYX |
|
|